Manchmal treffen Menschen Entscheidungen in ihrem Leben, die selbst für die engsten Vertrauten im Umfeld nicht nachvollziehbar sind und doch treffen Menschen manchmal genau diese Entscheidungen und lassen die anderen Menschen zurück mit Gefühlen, die sie vielleicht nicht haben sollten – aber haben….
Vor zwei Jahren ging ich diesen Weg und lernte, was nach der Trauer kommt, denn wenn Trauer auf offene Fragen stößt, dann kommt manchmal die Wut und es dauert lange bis man gehen lassen kann – doch am Ende bleibt nur verzeihen und erinnern…
Als ich 2009 in den Norden zog und in meiner kleinen Wohnung in der Kleinstadt wohnte, da lernte ich einen Menschen kennen. Es war der erste Mensch den ich kennen lernte ohen das es ein Freund des Herzensmannes war. Wir lernten ihn gemeinsam kennen und ja, es war der erste Mensch den ich hier oben kennen lernte.
Das Verhältnis war eher locker, man sah sich, der Mann spielte immer Kicker mit ihm und dann sah man sich mal wieder ne Woche oder so nicht. Das war ok. Wir freuten uns wenn wir uns sahen und lachten zusammen. Aus den lockeren Begegnungen heraus entstand irgendwann das Gespräch, dasse r noch jemanden für die MIttagsstunden suche, damit er uns seine Mitarbeiter Mittag machen konnten. Die Motte war gerade 13 Monate alt und ich kurz vor dem Baby-Kollar – es passte, also fing ich an dort zu jobben.
Verbundenheit
Uns verband die Liebe zur Musik und so führten wir immer wieder spannende Gespräche – oft zwischen Verkaufsraum und Lager, wenn gerade keine Kunden da waren. Es war ein herzlicher Mensche mit einer Melancholie in den Augen, die mir gefiel. Ich mochte den Blick in seinen Augen. War er begeistert, dann strahlten sie, aber die Melancholie blieb immer vorhanden. Es war ein interssantes Spiel, wenn er sich unbeobachtet fühlre sah man die Traurigkeit in seinen Augen, aber sobald er im Gespräch war, bekamen sie das Strahlen wieder. Das Strahlen was viele nur sahen.
Doch eines Tages, es machte plötzlich so vieles noch mehr Sinn und ich wusste das ich keine Gespenster gesehen hatte wurden Fröhlichkeit und Melancholie vertrieben.
Letzte Momente
Im Nachhinein war alles irgendwie klar. Es gab Momente, in denen waren Danksagungen einfach zu dankbar, geschmiedete Pläne machten Sinn. Umarmungen fühlten sich wie Verabschiedungen an und Worte klingen noch heute nach.
Die Nachricht traf mich wie ein Blitzschlag und doch konnte ich meine Ahnung, nicht von der Handweisen. Ich stand angespannt an diesem Samstag im Laden. Unkonzentriert und kaum bei der Sache. Wir lachten und taten es als Schusseligkeit an – die Motte schlief gerade schlecht und ich wachte in der Nacht vor diesem Tag nach einem Albtraum. Mitten im langsam aufkommenden Samstagstrubel sollte uns alle dieser Tag in Erinnerung bleiben – in geschockter Erinnerung.
Der Schock
Ich spüre ihn noch heute, diesen Schock und ich habe Tränen in den Augen – bei der ein oder anderen Zeile rinnen mir die Tränen über die Wangen und ich sehe verschwommen. Ich sehe verschwommen die Bilder des Tages und fühle diese Schockstarre gefüllt mir Leere.
Das Telefon klingelte mitten im laufendem Verkehr. Im Büro ging keiner ran, ich hatte gerade die Hände frei und griff nach dem Hörer – intuitiv und selbstverständlich.
Eine geschockte und weinende Stimme sagte mir das ER sich in der Nacht erhängt hatte. Das der Leichenwagen in der Nacht für IHN bestimmt war und das ihn niemand gesehen habe – die Feuerwehr fand ihn.
Viel mehr Infos bekam die weinende Stimme nicht raus – viel mehr bekam ich nicht in mich hinein.
Die nächsten Stunden waren wie in Trance. Ein Mechanismus spielte sich ab. Ich rief eine Kollegin an, die gerade nach Hause fuhr und machte ihr halb befehlend; halb zitternd klar das wir sie JETZT sofort brauchen. Das sie sich um meine Kollegin kümmern muss. Sie kam selbstverständlich und geschockt. Irgendwann kam eine andere Mitarbeiterin auf die Idee und schloss die Tür ab. Sie sagte, dass sie das nun entscheide, aber das niemand nun verlangen konnte, dass wir weiter arbeiten. Man hatte keine Wahl, wir gingen.
Ich weiß nicht wie ich nach Hause kam, ich weiß nur das ich noch nie so wütend und verzweifelt brüllte während der Fahrt und dann plötzlich in der Sporthalle stand. In der Sporthalle in der die Kleine Maus Karnevall feierte. Ich brüllte den Mann an und er sah mich nur geschockt an. Wir ließen die Motte weiter tanzen. Wir saßen nur da und versuchten krampfhaft irgendwas zwischen verstehen, begreifen, normal sein und weiter zu atmen.
Die nächsten Tage und Wochen waren schwer. Auf der Arbeit und zu Hause. Ich lernte, dass es keinen Sinn macht, der Motte Normalität vor zu spielen, aber von ihrer kindlichen Art zu zehren.
Wut und Akzeptanz – ich konnte nicht verzeihen
Lange war ich einfach nur trautrig und wütend. Ich war so unendlich wütend das ich mich in ihr verlor. Er war Vater – ich empfand in dieser Situation Wut als Elternteil. Ich war wütend, dass er seinen Sohn allein ließ. Seinen doch eh schon so sensiblen Sohn. Ich wurf ihm vor, dass man als Eltern nicht mehr nur das Recht auf seiner alleinigen Seite habe, sein Leben zu gestalten und auch zu beenden, wie es für einen richtig war. Ich schrie ihn in Gedanken an und knallte ihm all meine Wut vor die Füße. „Du bist Vater, Du hast nicht das Recht dazu Deinem Sohn das an zu tun!!!!!“
Und dann kam der Moment des Verzeihens.
Verzeihen und Erinnern
Der Moment des Verzeihens war kein einzelner Moment. Es war eine ganze Zeit, in der ich loslassen und verzeihen lernen musste. Verzeihen und Erinnern ist ein durchaus langer Prozess, aber es gab einen Schlüsselmoment.
Der Moment als sein Sohn die Beerdigung betrat. Der Moment in dem ich nicht mehr stark seien konnte für die Kolleginnen und Kollegen. Der Moment in dem ich innerlich zusammenbrach und in dem die Wut so übermäßig groß wurde, dass sie von etwas übermächtigem beiseite geschoben wurde – dem Verzeihen.
Auf der Beerdigung wurde ganz offen über die Entscheidung sein Leben zu beenden gesprochen – ich wusste nicht, wie gut ich das in Anwesenheit seines Kindes fand, aber ich war der festen Überzeugung, dass niemand in dieser Kapelle mehr Recht dazu hatte, anwesend zu sein, wie dieser kleine Junge.
Noch heute sind viele Fragen offen, viele wurden geklärt, aber einige werden immer offen sein. Ich schäme mich aber in keinster Weise, diese unbändige Wut empfunden zu haben. Es war meine Empfindung und ob diese gerechtfertigt war oder nicht, sie war da. Die Unbändigkeit hat mich aber an etwas herangeführt, was das Leben mich lernte – daran zu verzeihen und erinnern.
Habt Ihr schon mal etwas ganz anderes Empfunden, wie alle erwarten? Wie geht Ihr mit Trauer um?
In diesem Sinne ~ verzeihen und erinnern, etwas was nach der Wut kommen kann. Ich verzeihe und erinnere mich, doch statt wütend zu sein, lächele ich….
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